Schild der Neikestraße

Umbenennung Neikesstraße

Wichtiger Schritt des Bezirksrat Saarbrücken-Mitte, wie geht es weiter?

Am 20.01.2022 beschloss der Bezirksrat Saarbrücken-Mitte einstimmig die Umbenennung der Neikesstraße in „Kleine Rosenstraße“. Dieser Name war nach einer Anwohnerbeteiligung favorisiert worden.

Historische Einordnung
Neikes, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken, wurde in den 50er Jahren im Rahmen einer „nationalen Rückbesinnung“ als Namenspate ausgewählt, obwohl dieser bereits ab 1933 klare Haltung zum Nationalsozialismus gezeigt hatte. So ernannte er Hitler zum Ehrenbürger der Stadt, feierte seinen Geburtstag und sorgte mit seinen Handlungen auch dafür, dass man die Saarabstimmung 1934 eben nicht nur als eine Entscheidung „Pro oder Contra Deutschland“ lesen kann, sondern die nationalsozialistischen Sympathien und Stimmungsmacher im Saargebiet mitbedenken muss.

Neikes, dessen Weg nach Berlin führte, arbeitete ab 1938 eng mit Albert Speer zusammen, ab 1942 als Abteilungsleiter in der Generalbauinspektion für die Reichshauptstadt. Seine Tätigkeiten und Verantwortungen in dieser Zeit sind heutzutage schwer nachzuvollziehen, doch war er sicher – an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Recherche von unserem Kollegen Herrn Feneis (FDP) – an der geheimen Vorbereitung von Enteignungen von Juden maßgeblich beteiligt. Dies geschah im Vorfeld der „Reichsprogromnacht“.

Den ganzen Bericht der vom Bezirksrat eingesetzten Straßennamenkommission finden Sie hier, die Zusammenfassung von Herrn Neikes finden Sie auf Seite 44.

Die Umbenennung der Neikesstraße ist Ergebnis eines langen Prozesses. Vor mehr als einem Jahr setzte der Bezirksrat eine Straßennamenkommission ein, die kritische Straßennamen sachlich beurteilen sollte. Ergebnis ist, dass die Straßen „Dr. Vogelerstraße“, „Neikesstraße“, „Oberst-Petersen-Weg“ und „Heinkelstraße“ umbenannt werden sollen. Verbleiben tut nun nur noch die Heinkelstraße, die in diesem Jahr angegangen werden wird. Ein Sonderfall ist die „Lüderitzstraße“. Zwar gab die Kommission hier ein Votum, jedoch nicht einstimmig. Der sachliche Prozess ist damit abgeschlossen, doch politisch sind wir uns hier noch nicht einig und diskutieren noch wie es weiter gehen könnte.

Wir Grüne setzten uns auch für die Umbenennung weiterer Namen ein, sind aber mit dem Abschluss der Kommission sehr zufrieden, da so der Prozess breit vom gesamten Bezirksrat getragen wird. Außerdem beschloss die Kommission, dass weitere kritisch zu betrachtenden Namen, wie beispielsweise die „Straße des 13. Januar“ zu kommentieren seien. Es wird unser Hauptziel im Jahr 2022 sein, diese Einordnung in den historischen Kontext umsetzen zu lassen. Uns schwebt hierbei ein Online-Glossar auf der Website der Stadt vor, dass vor Ort auf einem Blechschild mit QR-Code verlinkt ist:

Beispielkonzept eines Erklärungsschilds

Diese Kommentierung von vorerst rund 40 Straßennamen im Stadtbezirk soll einen Beitrag zur Beschäftigung mit der eigenen Geschichte sein und mit einem Bildungsauftrag verbunden werden. Anhand der Kommentierung ist nicht nur zu erkennen, welche Namen Saarbrücken wann für geeignet hielt, auf ein Straßenschild zu drucken, sondern auch die zumeist interessanten Biographien der Namensgeber*innen können kritisch dargestellt werden.

Dennoch bleibt nach der Umsetzung der Empfehlung der Kommission immer noch, dass wir in Saarbrücken ein großes Ungleichgewicht an Straßennamen finden:

  • Deutlich mehr Generäle die gegen Frankreich gekämpft haben als Franzosen. Generell gibt es mehr „Frankreichfeinde“ als „Frankreichfreunde“. Das scheint für eine Stadt, die sich ganz besonders der deutsch-französischen Freundschaft und Versöhnung verschrieben hat unwürdig.
  • Deutlich mehr Männer als Frauen. „Geschichte wird vom großen starken Mann geschrieben“, ist eine veraltete Geschichtsauffassung, die im Stadtbild der meisten Städte seine Spuren hinterlassen hat.

Generell ist es – auch nach der Empfehlung des deutschen Städetags – nicht mehr empfehlenswert Straßen nach „großen“ Persönlichkeiten zu benennen. Dennoch wollen wir bei der Bennennung künftiger Straßen diese Ungleichgewichte im Rahmen unserer Möglichkeiten und des guten Stils angehen. Dabei ist natürlich ein weiteres wichtiges Thema die Repräsentanz von NS-Opfern und des Widerstands gegen das Naziregime. Dort ist Saarbrücken in den letzten zwei Jahrzenten schon ein gutes Stück weiter gekommen, doch gibt es auch hier noch viel zu tun.

Den ganzen Bericht der vom Bezirksrat eingesetzten Straßennamenkommission finden Sie hier.

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